"Hoffentlich ist dieser Albtraum beendet"
Interview mit dem EGDL-Vorsitzenden Steffen Krüger
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Steffen Krüger. Foto: Sebastian Sendlak.
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Interview
Die Rockets haben während der Coronapandemie in Rheinland-Pfalz mit besonders hohen Hürden zu kämpfen. Ivo Jaschick hatte die Gelegenheit sich mit dem 1. Vorsitzenden der EGDL Steffen Krüger zu unterhalten:
Warum beginnen Sie gerade in der Coronazeit das Abenteuer Oberliga?
In der Regionalliga haben wir keine Zukunft mehr gesehen, es hatte einfach keinen Zweck mehr dort weiterzumachen. Da haben wir uns alle zusammengesetzt, hin und her überlegt, gerechnet und kamen zu dem Schluss, zumal ja Herford und Hamm denselben Weg gingen.
Trotz der Tatsache, dass die EGDL ein Neuling in der Oberliga sind, haben Sie doch eine relativ hohe Erwartung - Sie erwarten Ihr Team in den Playoffs - Mit den ehemaligen DEL Profis Jan Guryca und Kevin Lavallee als "Eckpfeiler", so zu sagen als "Zugpferde"!
Drücken wir es mal anders aus: Es ist unser Ziel, unser realistisches Ziel, wenn ich auch so auf unseren Kader schaue! Und unser Team besteht ja noch aus anderen Spielern außer den beiden Genannten. Sie haben vielleicht die bekanntesten Namen. "Zugpferde" würde ich nicht sagen, da wir dann einige "Pferde" unterschlagen würden. Sehr viele haben auch schon Oberliga-Erfahrung! So ist das ja nicht - sonst wären wir dieses Wagnis wahrscheinlich nicht eingegangen.
Wie hoch ist der Etat angesetzt? Jetzt wo die Zuschauereinnahmen ja wegfallen!
Wir hatten unseren Etat eben wegen dieser Pandemie schon gewaltig heruntergeschraubt, da wir schon damit gerechnet haben, dass da noch einiges auf uns zukommt. Dass ist natürlich jetzt ein Nackenschlag für uns, dass komplett ohne Zuschauer gespielt wird - das strengt unser Budget natürlich an!
Springen jetzt in diesem Notfall auch Sponsoren ein, die die finanzielle Lage etwas lindern?
Ja, wir stehen in Kontakt mit unseren Geldgebern, Sponsoren, dass sie uns eventuell ein wenig unter die Arme greifen - aber im Moment können wir noch alles mit unserem Vereinsetat bewältigen. Sollte es knapp werden, könnten wir wohl auf unsere Sponsoren setzen!
Jetzt in der Oberliga-Nord stehen ja auch weitere Auswärtsfahrten {Rostock, Leipzig, Hamburg} - wie sieht es da aus?
Ja, diese weiten Reisen nach Nord- oder Ostdeutschland sind schon ein dicker Batzen auf der Kostenseite. Bis nach Rostock sind es fast 700 km, nach Leipzig und Hamburg sind wir mit dem Bus auch lange unterwegs. Wir sind ja hier in Diez am südlichsten Ende der Oberliga-Nord und müssen halt viel reisen. Aber auch diese Fixkosten sind in dem von uns aufgestellten Etat enthalten.
Ohne Zuschauer fällt es ja eigentlich nicht ins Gewicht, aber Derbys, die eigentlich Zuschauermagneten sind, haben Sie in dieser Saison sowieso keine richtigen?
Im letzten Jahr in der Regionalliga hatten wir Derbys, wenn wir gegen Neuwied angetreten sind. Jetzt können wir vielleicht noch die Begegnungen mit unseren Mitaufsteigern Hamm, Herford noch als Derby bezeichnen. Das sind so Strecken von 90 - 140 Fahrminuten, die wir auch im letzten Jahr gefahren sind.
Wem gehört eigentlich die kurzzeitig für Ihre Rockets gesperrte gewesene Halle - der Stadt, oder?
Nein, die ist in privaten Händen bei der Familie Diefenbach, die selbstverständlich auch eishockeybegeistert ist. Aber klar, so eine Eishalle kostet viel Geld und so ist die Miete der Eiszeiten auch ein gehöriger Kostenfaktor. Eis ist nicht kostenlos, sondern sehr teuer! Sie nehmen überall einen großen Teil der Kosten ein. Eishockey ist schon ein teurer Sport.
Und die Hallenbesitzer kommen Ihnen jetzt in dieser komischen Zeit auch ein wenig entgegen?
Ja, wir kommen mit der Familie Diefenbach sehr gut zurecht! Es hängt natürlich auch mit der Menge der Eiszeiten zusammen - je mehr man nimmt, desto günstiger wird der Preis! Ja, wir kommen sehr gut miteinander aus. Außer uns sind noch der Eiskunstlaufverein Diez und einige Hobbymannschaften hier in der Halle.
Wie steht es hier mit dem Nachwuchs aus?
Wir sind mit der Entwicklung ziemlich zufrieden, da wir im letzten Jahr die Zahl der Nachwuchsspieler nahezu verdoppeln konnten und in diesem Jahr haben wir zusammen mit einer Schule ein Schulsportprojekt gestartet, das sehr gut angenommen wird.
Wie sieht es in Ihrem Kader aus, haben Sie Voll- oder Halbprofis?
Wir haben alles - wenige Vollprofis, teils Halbprofis, aber auch Spieler, die gegen eine geringe Kostenerstattung wegen der vielen Fahrten zu dem Trainingsort bei uns spielen. Das passt zu unserem niedrigen Etat - damit können wir uns nur wenige Vollprofis leisten.
Sie setzen mit Ross John Reed & Cheyne Matheson auf die kanadische Karte!
Wir erhoffen uns von den beiden Kanadiern eine große Durchschlagskraft. Reed hat schon in der letzten Spielzeit gezeigt, wozu er in der Lage ist (37 Sp - 55 T, 43 V) und Matheson kommt mit besten Referenzen (29 Sp - 20 T, 3 V) aus Schweden.
Wie sieht es bei Ihnen mit den staatlichen Hilfen aus?
Wir haben sie, wie alle anderen auch beantragt, aber bekommen haben wir noch keine! Ich habe auch gehört, dass andere Vereine schon Hilfen bekommen, doch das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass manche Länder halt mit einer größeren Auslastung zu kämpfen haben und die Wege durch die Instanzen länger sind. Alles ist in die Wege geleitet - wir warten nur noch auf die Bescheide! Hauptsächlich geht es jetzt um die Kompensation der Zuschauerausfälle.
Stimmt es, dass Ihr Team in der Köln-Arena 2 trainiert?
Uns wurde vom Land Rheinland-Pfalz untersagt, in unserer Halle zu trainieren sowie unsere Heimspiele auszutragen. Aus diesem Grund mussten wir uns nach anderen Trainingsorten umsehen und die Heimspiele werden erstmal abgesagt, um zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt zu werden. Es stimmt, einmal hatten wir die Gelegenheit in der Trainingshalle der Kölner Haie uns auf das Spiel in Leipzig vorzubereiten. Aber wir mussten immer wieder rumfragen, wo eventuell die Möglichkeit besteht zu trainieren, eine Eishalle noch Kapazitäten hat. Es hatte sich als sehr schwierig erwiesen! Bad Nauheim war auch mal im Gespräch, aber da spielt das Gesundheitsamt nicht mit. Aber jetzt sind wir alle sehr froh, dass sich alle diese Probleme hoffentlich in Luft aufgelöst haben und dieser Albtraum hoffentlich beendet ist. Hoffentlich deswegen, da diese Entscheidung aus Mainz vorerst nur eine Ausnahmegenehmigung ist, und wir die finale Entscheidung diese Woche erwarten.
Vielen Dank Herr Krüger!
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