Was macht eigentlich Frank Hohenadl?
Interview mit dem ehemaligen Bundesliga- und DEL-Stürmer für Köln, Rosenheim und Riessersee
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Frank Hohenadl. Foto: Privat.
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Interview
Ab dem 26. August 1972 schaute die ganze Welt auf die Olympiade in München - nur bei Familie Hohenadl bestimmte der am 29. Juni im bayrischen Holzkirchen geborene Frank das Geschehen. Es waren die olympischen Sommerspiele, aber ihn zog es mehr zum Eishockey.
Seine Karriere begann er in Rosenheim, zog mit dem Sportbund direkt ins Finale gegen Düsseldorf (0:3) ein und gewann die Vize-Meisterschaft. Neben einigen Spielen für Deutschland gewann er noch eine Meisterschaft, musste aber 2002 seine Karriere beenden:
Sie haben eine großartige Karriere hinter sich - Deutscher Meister mit den Kölner Haien (1995), Rosenheim, Riessersee - alles DEL, aber dann auch Timmendorf und Weiden! Wie ist dieser "sportliche Abstieg" zu verstehen? Danach waren Sie wieder für Rosenheim und Riessersee aktiv!
Der erste Punkt war das "Bosman-Urteil", dass den Wechsel von Spielern neu regelte! Es hat meiner Meinung nach den deutschen Spielern "das Genick gebrochen"! Nach meinem Jahr in Köln hatte ich einen langfristigen Vertrag in Garmisch (Riessersee) unterschrieben. Leider wurde aus diesem länger laufenden Vertrag nur ein Jahr, da der Verein Insolvenz beantragen musste. Ja, und Timmendorf war damals in der 1. Bundesliga (nach der DEL die zweite Liga) - und die hatten mich mit einem mehr als lukrativen Vertrag geködert! Danach kam mein Engagement in Weiden, was erstens näher an der Heimat war und zweitens hätte ich damals wahrscheinlich keinen anderen Vertrag bekommen. Ja, und dann hat mir der Verein angeboten, dass ich mich bei Ihnen fit halten könne. Das habe ich gerne angenommen und dann kam es halt so, dass ich dort für ein Jahr unterschrieben habe. Danach dürfte ich wieder nach Hause, nach Rosenheim! Dann musste der Sportbund seine DEL-Lizenz aus finanziellen Gründen auch wieder verkaufen - d.h., dass Rosenheim auch weg war und ich wollte nicht mehr groß weg. So kam es halt, dass ich wieder beim SC Riessersee gelandet bin!
Was waren Ihre schönsten Stationen?
Da muss ich natürlich an erster Stelle Rosenheim nennen, weil zuhause ist es eigentlich immer am Schönsten! Vom Sportlichen, vom Umfeld, und und und, war Köln natürlich das Non-plus-Ultra! Mit den Haien war es herausragend. Es stimmte einfach alles und wir hatten auch Erfolg! Sie wissen es bestimmt auch noch, dass uns in ganz Deutschland damals keiner auf der Rechnung hatte. Wenn der Erfolg da ist, und das war er, ist im Nachhinein sowieso alles rosig. In meinem ersten Jahr hatten wir noch im 5. Finalspiel in der Verlängerung gegen Düsseldorf verloren, und jetzt praktisch mit einer >No-Name-Truppe< die Krönung, dass wir uns "Deutscher Meister 1995" nennen dürften. In der Vorrunde hatten wir noch den sechsten Tabellenplatz belegt, unglaublich - das war meine schönste Zeit!
Was waren Ihre größten sportlichen Erfolge? Also die Deutsche Meisterschaft mit den Haien zählt dazu!
Im ersten Profijahr habe ich mit meinem Sportbund die Vizemeisterschaft gewonnen. Natürlich die Meisterschaft und die Spiele für die deutsche Nationalmannschaft (U18, U20, B-WM)!
Was war für Sie persönlich die größte Errungenschaft, worauf Sie mit Recht stolz sein können?
Das war für mich die Berufung in die A-Nationalmannschaft bei der B-Weltmeisterschaft in Dänemark. Ich hatte schon in meiner Jugend für Deutschland gespielt, aber meine Nominierung für die WM war schon etwas ganz Besonderes!
Gab es auch etwas, worauf Sie lieber verzichtet hätten - Verletzungen oder Ähnliches?
Von großen Verletzungen bin ich eigentlich weites gehend verschont geblieben - bis eben auf mein letztes Jahr in Riessersee, was auch das Ende meiner aktiven Zeit bedeuten sollte! Um es mal nett auszudrücken, es war 2002 ein Totalschaden im linken Knie und der beendete meine Karriere!
Das Eishockeyspiel hat sich im Laufe der Zeit durch einige neue Regeln geändert! Würden Sie lieber heutzutage spielen?
(wie aus der Pistole geschossen) Nein! Warum, das kann ich ganz einfach sagen: Mit meiner Spielweise hätte ich am heutigen Eishockey keinen Spaß mehr! Ich stehe mehr auf das "ursprüngliche" Eishockey.
Frank Hohenadl. Foto: Privat. | Was würden Sie ändern, könnten Sie Ihre Eishockeykarriere nochmal mit dem Wissen von heute starten?
Ich würde definitiv nicht mehr hauptsächlich auf das Geld, auf lukrative Angebote schauen, die aber unsicher sind! Beispielsweise hätte ich nach Köln nicht nach Garmisch zum SC Riessersee gehen sollen. Aber da schwebte ich nach dem Gewinn der Meisterschaft halt auf einer Wolke!
Wie sehen Sie die Problematik der Verletzungen? Die Regeln wurden ja geändert, um der Problematik der Gehirnerschütterungen Herr zu werden!
Aber es passiert nicht. Ich zum Beispiel dürfte nicht mehr spielen! Ich könnte mein Spiel nicht spielen und mit den ganzen neuen Regeln verlassen sich auch viele darauf, dass der Verteidiger mich nicht checken darf, es dann aber doch tut! Und was passiert? Ich gehe jetzt mal in meine aktive Zeit zurück - ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass ein Spieler mit einer Gehirnerschütterung ausgefallen ist.
Ist es nicht auch, dass das Spiel viel schneller geworden ist, aber der Kopf nicht im selben Maße besser geschützt wird?
Mit Sicherheit - früher wurde zudem auch körperbetonter gespielt und jeder Spieler hat sich drauf vorbereiten müssen! Und heutzutage kommen auch viele Checks auf die man nicht vorbereitet ist, man ist noch schneller unterwegs und dann passiert es! Früher hat es auch nicht so viele Stockfouls gegeben. Da ging es halt zur Sache, aber einen Stockschlag und Crosscheck hat es früher viel seltener gegeben.
Was kam nach Ihrem verletzungsbedingten Aus in 2002?
Während meiner Karriere habe ich so nebenher sämtliche Trainerscheine gemacht. Ja, auch den A-Schein! Ich könnte jetzt praktisch jeden Verein trainieren! Bedingt durch meine Verletzung habe ich auch eine Umschulung zum "Sportbetriebswirt" gemacht und habe mein Hobby zum Beruf gemacht, indem ich jetzt seit 2005 hauptamtlicher Jugendtrainer bin. Ich bin bei Red Bull beschäftigt, bin aber abgestellt für den Kooperationspartner EHC München eV - praktisch die Nachwuchsabteilung vom EHC Red Bull München.
Was sagen Sie zu der Corona-Pandemie und deren Auswirkungen? - Die Oberliga und DEL2 spielen schon länger, die DEL fängt jetzt an!
Was soll ich groß dazu sagen? Wir alle müssen uns danach richten, was die Regierung vorgibt! Die ganzen DEL Vereine sind in meinen Augen richtige Konzerne. Und Konzerne leben halt von Einnahmen. Die wiederum generieren sich aus den Zuschauern, sprich Tickets, Fanartikel, Würste, ? . Auch die Hallen kosten einen großen Batzen Geld. Es ist mehr als traurig, wenn ich sehe, dass mehrere Vereine, auch meine Haie, kurz vorm Bankrott stehen bzw. standen. Diese Wirtschaftsunternehmen brauchen Einnahmen und die Sponsoren wollen auch präsent sein.
Was halten Sie von der NHL, die die Saison in zwei "Blasen" zu Ende gespielt haben? Natürlich auch ausgestattet mit einem gut bezahlten Fernsehvertrag!
Das ist die eine Sache! Ich kann nicht sagen, wie es da drüben läuft, aber hier läuft es halt anders. Da waren von den 14 DEL Ligisten 13 in Kurzarbeit, das heißt, die Vereine haben sich vom Staat Geld geholt, damit sie ihre Spieler bezahlen können. Ich weiß nicht, wie das in der NHL gehandhabt wird - da kann ich nichts zu sagen!
Aber was sagen Sie zu unser amerikanischen "MVP" Leon Draisaitl?
(lachend) Ich kenne Leon eigentlich nur als Baby, der damals zu meiner Zeit in Köln auf die Welt kam. Mir wurde die Ehre zuteil gegen den momentan wohl weltbesten Spieler als Trainer spielen zu dürfen! Als ich damals in Rosenheim Nachwuchstrainer war und wir gegen die Mannheimer Jungadler antraten, stießen wir auf das Traumpaar Leon Draisaitl & Dominik Kahun. Jetzt werden die beiden bei den Oilers wieder zusammen zaubern! Ich muss Leon den allerhöchsten Respekt zollen, was dieser Knabe mit Fleiß und Ehrgeiz aus sich gemacht hat!
Wie ist Ihre Einschätzung im Allgemeinen zum deutschen Eishockey? MVP - Leon Draisaitl, zwei Erstrunden-Draftpicks?
Das deutsche Eishockey ist schon auf dem "Vormarsch"! Es gibt viele Vereine, die Schule und Sport hervorragend verbinden können, aber es liegt an jedem Spieler selber, wie weit er kommen kann. Was macht er zusätzlich, freiwillig außerhalb des Vereinstrainings. Als Beispiel möchte ich hier Domink Kahun anführen, der ja hier aus der Gegend kommt und der gleiche Jahrgang wie Leon (Draisaitl) ist - was dieser Junge zusätzlich zum normalen Ligaalltag trainiert hat, um den Sprung in die NHL zu schaffen, das war schon phänomenal - das schaffst du sonst nicht!
Sie sind auch das beste Beispiel dafür, dass das deutsche Eishockey auf dem Vormarsch ist. Die Trainer werden auch immer besser! Sie, ausgestattet mit einer A-Lizenz, trainieren auch den Nachwuchs!
Richtig, auch das ist ein wichtiger Faktor für die weitere Entwicklung!
Vielen Dank!
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