Die Rache des "Selbstbedienungsladens"
Augsburg trotzt den manchmal grausamen Gesetzen des Geldes
Augsburg steht im DEL-Halbfinale. Moment. Augsburg? Der Tabellenachte nach der Vorrunde hat tatsächlich das Undenkbare geschafft. Nach Titelaspirant Mannheim räumte die Low-Budget-Truppe aus Schwaben auch noch den Titelverteidiger aus dem Weg. EISHOCKEY.INFO über das Phänomen Augsburg und wie man aus der bitteren Not mit dem Geld eine Tugend machen kann.
Der Schwabe ist deutschlandweit berühmt-berüchtigt für seinen eisernen, manchmal übertriebenen Sparwillen - aber auch für seine Kreativität, jeden viel zitierten Pfennig zweimal umdrehen zu können. Beim DEL-Halbfinalisten Augsburger Panther, beheimatet in eben jener Gegend Deutschlands, kann von einem Sparwillen keine Rede sein. Das sparsame Wirtschaften war und ist für die Panther vielmehr überlebensnotwendig. Jahrelang entdeckte das AEV-Management unbekannte, aber leistungsstarke Spieler, holte diese nach Deutschland, brachte sie groß raus ... und verlor sie dann an besser zahlende Ligakonkurrenten. Doch jetzt steht Augsburg im Halbfinale. Aus dem "Selbstbedienungsladen" ist ein respektierter, ja gefürchteter Top-Verein geworden.
Dabei war bisher vor allem das Stadion der Panther bei der Konkurrenz "gefürchtet". Das Curt-Frenzel-Eisstadion, eine nach mehreren Seiten offene Eishalle traditioneller Bauart ist zugig und im Winter eisig kalt. Bei schönem Wetter sind die Spieler zudem oft vom gleißenden Sonnenlicht geblendet - für viele Auswärtsteams war das ein Horrortrip, auch wenn man auf dem Rückweg oftmals drei Punkte im Gepäck hatte. Heute ist eher die im Stadion ansässige Mannschaft gefürchtet. Ein Team, das wieder einmal zu den "Schnäppchen" der Liga gehört, steht nun im Halbfinale. Und auf dem Weg dorthin fielen den wild gewordenen Panthern hochkarätig besetzte und im Personalstand mehr als doppelt so teure Mannschaften zum Opfer. Mannheim und Berlin könnten mit geringerem Mitteleinsatz jeweils zwei Spielergarnituren vom Schlage der Augsburger Panther beschäftigen. Aber es sind eben nicht immer die teils grausamen Gesetze des Geldes, die den Sport bestimmen. Und das ist gut, ja beruhigend so. Jahrelang spielte sich das Schicksal der Panther nach immer dem gleichen Muster ab: Das Team startete mit einer Handvoll "Nobodys" verheißungsvoll in die Saison, wurde dann meist nach unten durchgereicht und verlor im darauffolgenden Frühjahr die besten Spieler wie einen Travis Brigley, einen Harlan Pratt oder einen Shane Joseph an besser betuchte DEL-Konkurrenten. In ärgere Finanznöte kamen die Panther trotzdem nicht, auch wenn Club-Boss und Hauptmäzen Lothar Sigl oftmals um das liebe Geld kämpfen musste. Aber im Falle des Falles wurde der Gürtel nochmal enger geschnallt und es ging trotzdem weiter. Jetzt, da das offenbar bestens funktionierende Dreigestirn Mitchell-Moeser-Fedra einige Zeit im Amt ist und eigene Vorstellungen ohne Druck von außen umsetzen kann, mausert sich der einstige "Selbstbedienungsladen" zum Top-Club. Und das funktioniert ohne erkennbare Mehrinvestitionen.
Nach dem sensationellen Viertelfinale gegen den von einem US-Konzern mit viel Aufwand betriebenen Meister Eisbären Berlin stehen die Augsburger Panther nun erstmals in der DEL-Geschichte im Halbfinale gegen Wolfsburg. Wer die Auftritte der Fuggerstädter in den letzten Wochen beobachtet hat, kann sich ohne Mühe vorstellen, dass auch Wolfsburg nicht Endstation für die Mitchell-Truppe sein muss. Gestützt auf einen hervorragenden Torhüter und einige großartige Leistungsträger wie Brett Engelhardt, Jeff Likens oder Tyler Beechey können die Männer von Erfolgstrainer Larry Mitchell, der über seine ehrliche, akribische Trainerarbeit in den ESBG-Ligen in die DEL gekommen ist, sogar im Finale noch etwas reißen.
Gleichwohl werden die Panther irgendwann wieder aufwachen aus ihrem (Meisterschafts?)-Traum. Larry Mitchell brachte es nach dem fünften Viertelfinale schon auf den Punkt: "Das halbe Teams hat schon Verträge bei anderen Teams in der Tasche, aber trotzdem legen sie sich zu 100 Prozent ins Zeug. Das ist Charakter". Darin steckt die bittere Erkenntnis, dass das Management des AEV im Sommer wieder fast bei "Null" anfängt. Dann muss der Schwabe wieder mit der Pfennigfuchserei beginnen. Aber ganz ehrlich: Das funktioniert doch viel leichter, wenn im Spiegelschrank der Meisterpokal im Sonnenlicht glänzt.
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