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Eisbären Berlin 29.11.2004, 16:35

"Wir sind in Nürnberg betrogen worden!"

Eisbären nach umstrittener Niederlage außer sich vor Wut

Hartmut Nickel ist vor zwei Wochen 60 Jahre alt geworden, hat als Trainer und Co-Trainer der Eisbären schon viel erlebt. Doch das Geschehen am Sonntag ließ selbst dem sonst so besonnenen Assistenztrainer der Hohenschönhauser die Contenance verlieren. "Es ist unglaublich, wie ein Schiedsrichtergespann so ein Mist zusammenpfeifen kann." Zielobjekt der Nickelchen Kritik ist aber nicht nur das Trio in Schwarzweiß, auch die Ice Tigers bekommen ihr Fett weg. "Für mich ist es unverständlich, wie ein Trainer, der auch Nationaltrainer sein will und somit eine Vorbildfunktion für die Jugend haben sollte, sich so aufführen kann , die gesamte Nürnberger Bank aufwiegelt. Bei jeder Aktion hingen die Spieler über die Bande, die Zungen fast bis aufs Eis und geiferten. Dahinter tobten dann Poss, Manager Sykora und sämtliche Betreuer", kann sich Nickel einen Tag danach nur schwer beruhigen. Deshalb sei es auch nicht verwunderlich, dass die Unparteiischen unter derlei Beeinflussung "umkippten wie die Fliegen." "Ich hatte von Herrn Schurr noch im letzten Jahr eine gute Meinung; er befand sich als junger Schiedsrichter auf dem besten Wege. Doch gestern ist er völlig zusammengebrochen und seine Linesmen mit."

Was bringt nun aber genau Nickel so in Rage? "Da brauchst du nur auf das Strafzeitentableau schauen - 18 zu 76 Strafminuten sprechen wohl eine eindeutige Sprache. Und wenn man sieht, für was wir alles auf die Bank mussten, da kann ich nur noch mit dem Kopf schütteln." Erster Aufreger war die Aktion von Eisbärenverteidiger Shawn Heins, der nach 2:45 Minuten eine 2 plus 10-Strafe wegen Checks von Hinten aufgebrummt bekam. "Das hat Schurr gar nicht gesehen, erst nach länger Rücksprache mit seinem Linesman und wütenden Protesten der Heimmannschaft fällte er sein Urteil. Sicherlich will ich nicht alle Strafen gegen uns in Frage stellen, einige waren völlig korrekt, doch in den entscheidenden Situation musste ich mir die Frage stellen, ob hier alles mit rechten Dingen zugeht." Zum Beispiel als Schurr André Rankel vom Eis stellte. "Der Junge setzte einen fairen Check an, wie wir ihn immer wieder von unseren jungen Burschen fordern." Doch Schurr wertete die körperliche Attacke gegen einen "wie all die anderen Nürnberger den sterbenden Schwan mimenden" Gegenspieler als unkorrekt und schickte Rankel in die Kühlbox. "Da spielt die Gefühlswelt im Kopf eines Eishockeyspielers verrückt. Wahrscheinlich denkt man dann: Aha, dass ist also nicht erlaubt, dann kann ich ja gleich Geige spielen gehen." Auch der Treffer zum 2:1 für die Hausherren bringt Nickel immer noch auf die Palme. "Erst schieben sie unseren Olli Jonas ins Tor, dann schaut sich Schurr das Video an und entscheidet auf Treffer für Nürnberg. Ich möchte mal wissen, wo er da die Scheibe gesehen haben will."

Als kurz vor Schluss die Eisbären schon mit einem Mann weniger auf dem Eis standen, verbannte Thomas Schurr auch noch EHC-Angreifer Denis Pederson auf die Bank. "Lächerlich, sein Gegenspieler ist saft- und kraftlos zusammengebrochen. Doch auf der Nürnberger Bank sprangen gleich alle auf und fuchtelten wild mit den Armen. Dazu kam noch ein fünfminütiger Kaffeeklatsch mit Ice Tigers-Kapitän Martinec, wogegen unsere Spieler immer sofort weggeschickt wurden." Doch das schlimme Ende nahte noch. Kaum hatten die Berliner wenigstens ihren vierten Mann wieder zurück, da erzielten die Franken zehn Sekunden vor der Schlusssirene den 3:2-Siegtreffer. "Ein klareres Abseits hab ich lange nicht mehr gesehen, doch Sprenger und Walter an den Linien standen den ganzen Abend ihrem Chef in Schwarzweiß in nichts nach. Die beiden sind schon so lange dabei und haben nichts dazugelernt. Die kann man langsam mal entsorgen."

Doch damit war der Ärger bei Nickel noch lange nicht verraucht. Nach dem Spielende applaudierte Kelly Fairchild höhnisch in Richtung des Schiedsrichtertrios. Sicherlich eine unsportliche Geste, doch in Anbetracht der vorangegangen Ereignisse wäre hier ein Wegschauen des Referees angebrachter gewesen. Doch Schurr pochte sich zwei Mal in die Hüfte (Fachjargon: "Da hab ich einen verhaftet?!), was bedeutet, dass der Berliner Stürmer Fairchild für die nächste DEL-Partie gesperrt ist. "Unglaublich, Schurr wusste erst einmal gar nicht, was Kelly gesagt haben soll. Erst später glaubte er sich daran zu erinnern, dass es wohl "Good job" gewesen sein soll."

Bei den Eisbären ist man nun zum Entschluss gekommen, die Vorfälle nicht einfach auf sich beruhen zu lassen. "Wir sind gerade dabei, ein Schreiben an die DEL zu verfassen. Ich selbst werde telefonisch den Kontakt zum Schiedsrichterbeauftragten Stefan Trainer suchen und ihm meine Sichtweise über die Leistung des Herrn Schurr mitzuteilen", sagt Hartmut Nickel, dem es egal ist, ob er für seine Aussagen von der DEL gesperrt wird. "Ich muss mich vor meine Mannschaft stellen, die gestern um den verdienten Lohn eines Punktgewinns gebracht wurde." Obendrein versteht es Nickel nicht, weshalb die Vereine nach jedem Spiel einen Bewertungsbogen über die Leistung der Referees, die zudem recht gut entlohnt werden, ausfüllen müssen. "Es hat sich dadurch doch nichts geändert."

Nachdem die Iserlohn Roosters in der morgigen Ausgabe der Eishockey NEWS Kritik am Schiedsrichterwesen üben werden, schlagen die Berliner nun erfrischend offensiv in die selbe Kerbe. In der Hoffnung, dass möglichst schnell eine Verbesserung des Leistungsstand der DEL-Unparteiischen eintreten wird.
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